
29. November 2022
Was braucht’s, damit sie funktioniert?
Forschung in der Hausarztpraxis
Für die tägliche Versorgung in der Praxis, für Diagnostik, Therapie, Prävention brauchen wir wissenschaftliche Evidenz. Welche Maßnahmen sind sinnvoll, was nutzt meinen Patientinnen und Patienten wirklich – und was nicht? Wie kommen Interventionen im Versorgungsalltag an, welche Barrieren gilt es zu überwinden? Das ist Forschung, die wir brauchen. Zu praxisrelevanten Fragestellungen, unabhängig, ohne kommerzielle Interessen.
Etliche hausärztliche Praxisteams tragen bereits dazu bei, indem sie an Forschungsprojekten teilnehmen oder im Qualitätszirkel eigene Forschungsideen generieren, Interventionen im Praxisalltag prüfen, Daten dokumentieren, in einem Forschungspraxennetz mitwirken. Das kostet Zeit und Kopf, im Praxisalltag eine echte Leistung. Und bietet – ja, was eigentlich? Die Überzeugung, „was Richtiges“ zu tun, beizutragen zur Generierung echter hausärztlicher Evidenz. Zugang zu „frischem Wissen“, Weiterentwicklung im Praxisteam, Vernetzung. Manche Praxen würden sich gern an Forschung beteiligen – wenn es nicht noch weiterer Aufwand im pandemiegeprägten, dauerhaft vollen Praxisalltag wäre.
Was braucht es also, damit Forschung in Hausarztpraxen funktioniert? Wichtig sind natürlich praxisrelevante, unabhängige Studien, die hausärztliche Entscheidungen unterstützen und Feedback zur eigenen Versorgung ermöglichen. Dazu aber auch: Anerkennung im Vergütungssystem. Datenschutzbestimmungen, die Forschung unterstützen. Qualifizierungsmöglichkeiten und Fortbildungsangebote für das gesamte Praxisteam. Und, auch das ist wichtig: hausärztliche Beteiligung an der Studienplanung bzw. Forschungsteams mit Kenntnis hausärztlicher Versorgung. Vieles davon wird bereits umgesetzt in den deutschlandweit entstehenden Forschungspraxennetzen.
Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung werden aktuell sechs Forschungspraxennetze gefördert, in denen bis 2025 mehr als 1.000 Hausarztpraxen engagiert sein werden. Themen für die Forschung gibt es genug – vom Umgang mit Multimedikation über Versorgung von Post-COVID-Patienten bis zum Einsatz von CRP-Schnelltests in Hausarztpraxen.
Es geht also voran mit der Forschung – aus der Praxis, für die Praxis!
Autorin
Prof. Dr. med. Jutta Bleidorn
Lehrstuhl Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Jena
Vorstandsmitglied Deutsche Stiftung Allgemeinmedizin für die Initiative Deutscher Forschungspraxennetze
DESAM-ForNet
Bisher erschienen
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Gastkommentare
Zitierhinweis: erschienen in dieser Ausgabe
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