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23. Januar 2023

KV-Wahlen 2022 aus allgemeinärztlicher Sicht

Wahlergebnisse mit Licht und Schatten

In den 17 Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland wurden 2022 neue Vertreterversammlungen und zum Teil auch bereits Vorstände neu gewählt. Dabei erzielten Allgemeinärzte und hausärztlich tätige Internisten zum Teil herausragende Wahlerfolge. Allerdings gab es auch Pleiten, wie die im Saarland.

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Armin Beck, hessischer Hausärzte-Chef und Mitglied im Bundesvorstand, übernahm am 1. Januar das Amt des stellvertretenden KV-Vorsitzenden in Hessen.

Als Erfolg können die Allgemeinärzte die hessischen KV-Wahlen werten, denn Armin Beck wurde zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden gewählt. Der Hofheimer Facharzt für Allgemeinmedizin ist gleichzeitig Vorsitzender des Hausärzteverbands Hessen und Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Hausärzteverbands. Beck konnte laut KV-Angaben 49 von 50 Stimmen der Vertreterversammlung auf sich vereinen. Sein Vorgänger Dr. med. Eckhard Starke hatte nicht mehr kandidiert. Der Licher Hausarzt Michael Thomas Knoll gehört seit dem 1. Januar zu den Vorsitzenden der Vertreterversammlung.

Eine Niederlage im Saarland

Weniger harmonisch lief die saarländische KV-Vorstandswahl am 12. Oktober ab. Als Dr.med. Michael Kulas, Vorsitzender des Saarländischen Hausärzteverbands, zum hausärztlichen KV-Vorstand im Saarland gewählt werden sollte, geschah nach Medienberichten das Unerwartete. Mit nur zwölf von 27 Stimmen verfehlte Kulas die erforderliche Stimmenzahl deutlich und scheiterte. Schnell wurde klar, dass die fachärztlichen Stimmen der Vertreterversammlung gefehlt hatten. Deshalb kam es zum Eklat. Kurz zuvor hatte der fachärztliche Vorstand, der Urologe Prof. Harry Derouet, noch ohne Mühe die nötigen Stimmen erhalten. Die hausärztliche Gruppe verließ die Vertreterversammlung nach der Kulas-Pleite unter deutlichem Protest. Wahlverlierer Dr.Kulas war erst einmal sprachlos und erkannte dann einen „einmaligen und ungeheuerlichen“ Vorgang in der KV-Geschichte.

Im November ging dann alles glatt. Die Mitglieder der KVS-Vertreterversammlung wählten den Allgemeinarzt Thomas Rehlinger als hausärztlichen Vertreter und „Ersatzkandidaten“ in den neuen Vorstand. Trotz der glatten Wahlgänge im zweiten Versuch gilt das Tischtuch in der saarländischen KV erst einmal als zerschnitten. Die Abfuhr für den langjährigen Hausärzte-Chef Kulas wirkt nach. Viele Beobachter fragen sich nach dem Eklat, ob Fach- und Allgemeinärzte in Zukunft wieder an einem Strang ziehen können.

Politik des Stillstands droht in der KV Nordrhein

Unzufrieden zeigte sich auch der Hausärzteverband Nordrhein mit dem Ausgang der Vorstandswahlen in der KV. Elke Cremer, niedergelassene Allgemeinärztin in Troisdorf, stellvertretende Vorsitzende der KVNO-Kreisstelle Rhein-Sieg-Kreis und Mitglied im Bezirksstellenrat Köln der KVNO, kandidierte erfolglos für den Vorstand der KV Nordrhein. Die Liste „Gesundheit nachhaltig gestalten“ des Hausärzteverbandes Nordrhein war mit acht Sitzen als stärkste hausärztliche Gruppe in der Vertreterversammlung aus den Wahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) hervorgegangen, so der Verband. Insgesamt 2.586 Hausärztinnen und Hausärzte hatten ihr Votum abgegeben. „Fast 43% der Hausärztinnen und Hausärzte Nordrheins haben uns gewählt“, erklärte der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Nordrhein, Dr. med. Oliver Funken. Mit Elke Cremer, die gemeinsam mit Dr. Funken die Liste des Hausärzteverbandes Nordrhein erfolgreich durch den Wahlkampf geführt hatte, forderte der Verband eine verantwortliche Führungsposition im KV-Vorstand ein – leider erfolglos. Unverständnis zeigte Dr. Funken laut Hausärzteverband darüber, dass die im Wahlkampf unterlegenen Gruppen das eindeutige Wählervotum ignoriert hatten und mit Dr. med. Carsten König, Bündnis Unabhängiger Hausärzte Nordrhein, einen eigenen Kandidaten ins Rennen um den KV-Vorstand geschickt hatten. „Sein erstes Wahlversprechen hat der Kollege schon vor der ersten Gremiensitzung gebrochen.“

Mitte Oktober bestätigte die Vertreterversammlung in ihrer konstituierenden Sitzung den bisherigen KV-Vorstand mit Dr. med. Frank Bergmann und Dr. med. Carsten König. Die Wiedergewählten wollen in den kommenden sechs Jahren auf Stabilität, Kontinuität und Erfahrung setzen. Dem Hausärzteverband Nordrhein reicht diese „rückwärts gerichtete Politik“ nicht. Er will Neues mit neuen, eigenen Vertretern.

„Wir sind die Versorgungsexperten“, betonte Elke Cremer in der KV-Vertreterversammlung. Der steigende Versorgungsbedarf in der Bevölkerung, die demografische Entwicklung, der wachsende Ärztemangel und Klimaveränderungen seien bekannte Herausforderungen, für die die KVNO bisher keine eigenen überzeugenden Konzepte geliefert hätte. Der Hausärzteverband Nordrhein hatte Maßnahmen für die Gestaltung der hausärztlichen Versorgung entwickelt, die jungen Allgemeinärzten Perspektiven für eine erfolgreiche Niederlassung bieten sollten. „Dicke Bretter bohren“ sei zu wenig dafür, dass der Beruf für die nächste Generation attraktiver werde. „Ein Gesamtkonzept, wie die Zukunft der Versorgungsstruktur aussehen und finanziert werden soll, hat die KV bisher nicht vorgelegt. Sechs weitere Jahre werden die Hausärztinnen und Hausärzte in Nordrhein nicht darauf warten“, kündigte Verbandschef Dr. Funken bereits an.

Allgemeinärztliche Kontinuität in der Nachbar-KV Westfalen-Lippe

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Michael Niesen, zweiter Vorsitzender des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe, wurde als stellvertretender Vorsitzender der Vertreterversammlung der KV Westfalen-Lippe wiedergewählt.

Auf Stabilität und Kontinuität setzten die Vertreter der benachbarten KV Westfalen-Lippe. Michael Niesen, zweiter Vorsitzender des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe, wurde als stellvertretender Vorsitzender der KV wiedergewählt. „Diese Wahlen sind wichtige Zeichen der Stabilität. Damit sind wir gut für die kommende Legislaturperiode aufgestellt“, erklärte die Landesverbandsvorsitzende Anke Richter-Scheer. „Die Hausarztfraktion freut sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Ziel, die ambulante Versorgung zu sichern und zu stärken.“

KV Rheinland-Pfalz: Allgemeinarzt Dr. Peter Heinz führt weiter die KV

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Der Allgemeinarzt Dr. Peter Heinz ist alter und neuer Vorstandsvorsitzender der KV Rheinland-Pfalz.

In seine zweite Amtszeit geht Dr. med. Peter Heinz als alter und neuer Vorstandsvorsitzender der KV Rheinland-Pfalz. Die Delegierten der Vertreterversammlung bestätigten den Gensinger Allgemeinarzt nach KV-Berichten ebenso im Vorstandsamt wie seine Mitstreiter Dr. Andreas Bartels und Peter Andreas Staub. Seine Wiederwahl kommentierte Dr. Heinz so: „Vor sechs Jahren bin ich mit drei Kernzielen angetreten: das Erreichte zu konsolidieren und neue Entwicklungen anzustoßen, die Akzeptanz der KV RLP bei den Mitgliedern zu erhöhen und dazu beizutragen, den Mitarbeitenden der KV RLP einen sicheren Arbeitsplatz zu bieten.“ All dies sei sehr gut gelungen. Das Führungsprinzip von Vertrauen und Verantwortung habe sich bewährt. „Daher möchte ich diese Art des Arbeitens mit meinen Vorstandskollegen in diese Richtung weiterführen.“ Ein Newcomer ist die Allgemeinärztin Dr. med.Anja von Buch in ihrer Funktion als stellvertretende Vorsitzende der Vertreterversammlung. Bei der vorangehenden KV-Wahl hatte die Hausärzte-Liste ihren Stimmenanteil ausgebaut und wurde stärkste Fraktion. Der Wahlvorschlag „Dr. Barbara Römer – Hausärztinnen – Hausärzte RLP“ erzielte 38,2% und gewann 14 von 40 Sitzen in der Vertreterversammlung.

Bayerischer Hausärzteverband baute Ergebnis bei KV-Wahl aus

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Sieger in Bayern: Die Liste Bayerischer Hausärzteverband mit Dr. med. Markus Beier, Dr. med. Petra Reis-Berkowicz, Dr. med. Christian Pfeiffer, Dr. med. Wolfgang Ritter und Dr. med. Beate Reinhardt, die die Liste als Team anführen.

Mit 19 von 50 Sitzen ist die Liste Bayerischer Hausärzteverband (BHÄV) als klarer Sieger aus der Wahl zur Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) hervorgegangen. Im Vergleich zur KV-Wahl 2016 haben Bayerns Hausärztinnen und Hausärzte sogar einen Sitz im Ärzteparlament hinzugewonnen und sind damit eine der stärksten hausärztlichen Vertretungen in Deutschland. „Dieses Wahlergebnis ist ein großer Doppel-Erfolg. Zum einen freuen wir uns über die hohe Wahlbeteiligung der Hausärztinnen und Hausärzte, die die zahlenmäßige Unterlegenheit der Hausärzteschaft mehr als wettgemacht hat. Zum anderen ist dieser klare Wahlsieg eine Wertschätzung unseres langjährigen Engagements innerhalb der KVB über die Facharztgruppen hinweg“, erklärten Dr. med. Markus Beier, Dr. med. Petra Reis-Berkowicz, Dr. med. Christian Pfeiffer, Dr. med. Wolfgang Ritter und Dr. med. Beate Reinhardt, die die Liste Bayerischer Hausärzteverband als Team anführen. Der BHÄV möchte die Koalition mit der Allianz Fachärztlicher Berufsverbände, mit ärztlichen und psychotherapeutischen Verbänden sowie dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Bayern fortsetzen.

KV-Wahlen mit hausärztlichen Erfolgen

  • KV Baden-Württemberg: stellvertretende Vorstandsvorsitzende: Dr. med. Doris Reinhardt

  • KV Berlin: stellvertretende Vorstandsvorsitzende: Dr.med. Gabriela Stempor

  • KV Brandenburg: hausärztliches Vorstandsmitglied: Stefan Roßbach-Kurschat

  • KV Sachsen: Vorstandsvorsitzender für den hausärztlichen Bereich: Dr. med. Klaus Heckemann; VV-Vorsitzender: Dr. med. Stefan Windau

  • KV Sachsen-Anhalt: Vorsitzender des Vorstandes: Dr. med. Jörg Böhme; Vorsitzender der Vertreterversammlung: Diplom-Mediziner Andreas Petri

  • KV Mecklenburg-Vorpommern: hausärztlicher Vorstand: Dr. med. Dieter Kreye

Autor:
Franz Günter Runkel


Zitierhinweis: erschienen in dieser Ausgabe
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