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15. September 2022

Therapie der eosinophilen Ösophagitis

PPI, Diät oder topische Steroide?

Patienten mit eosinophiler Ösophagitis haben ein hohes Rezidivrisiko. Langzeitfolgen wie Strikturen und Stenosen lassen sich durch eine gute antiinflammatorische Kontrolle, eine konsequente Therapieadhärenz und eine regelmäßige endoskopische Neubeurteilung vermeiden.

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) wurde erstmals anhand einer Patientenserie Anfang der 1990er-Jahre beschrieben.1 Seither hat die Inzidenz deutlich zugenommen.2 Heute weiß man, dass es sich bei der EoE um eine Allergie-vermittelte Erkrankung handelt – etwa zwei Drittel der Patienten leiden an einer atopischen Diathese. Die genetische Prädisposition führt zu einer gestörten Schleimhautbarriere, die das Eindringen von Allergenen begünstigt und eine Immunantwort provoziert. Unbehandelt führen die dabei freigesetzten Entzündungsmediatoren, unter anderem Interleukin (IL)-5, IL-13 und TGF-β („transforming growth factor-β“), zu einer chronischen Entzündung, einem fibrotischen Umbau der Speiseröhre und zu Strikturen und Stenosen.3

Die Herausforderung: variable Symptome

Die Diagnose der EoE wird basierend auf Symptomen, dem histologischen Nachweis von eosinophilen Granulozyteninfiltraten in der Speiseröhrenschleimhaut und nach Ausschluss anderer Ursachen gestellt.

Häufige Anzeichen im Kindesalter sind Erbrechen, Nahrungsverweigerung oder Wachstumsstörungen. Mit dem Übergang ins Erwachsenenalter gewinnen Symptome wie Schluckbeschwerden oder Sodbrennen an Dominanz.4 Für den histologischen Nachweis einer EoE sind mindestens sechs Biopsien erforderlich. Diese sollten bevorzugt an Stellen entnommen werden, wo die Schleimhaut Abnormalitäten aufweist. Als Cut-off-Wert für die Diagnose der EoE wurde eine Eosinophilenzellzahl ≥15/hpf („high power field“) definiert.

Eine Subgruppe innerhalb des EoE-Spektrums sind Patienten mit „PPI-responsive EoE“ (PPI-REE). Der Begriff wurde erstmals 2010 formuliert. Die Patienten mit klinischen und histologischen Zeichen einer EoE sprechen auf eine Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) an.5

Positiver Einfluss kontinuierlicher Therapie auf Fibrose

Für die Behandlung der EoE stehen folgende Optionen zur Verfügung: Medikamente, diätetische Behandlungsformen und Dilatation. Gemäß dem aktuell empfohlenen Therapiealgorithmus kann für die initiale Behandlung einer bestätigten EoE zwischen einer medikamentösen Therapie mit PPI oder topischen Steroiden sowie einer Eliminationsdiät gewählt werden.6 Die Behandlung mit PPI führt bei 30 bis 50% der Patienten zu einer klinischen und histologischen Therapieantwort.7 Nachdem man sich über viele Jahre mit in Sirup aufgelöstem Budesonid- oder Fluticasonpulver aus der Asthmabehandlung beholfen hat, steht mit Budesonid ein Steroid in Tablettenform zur Verfügung. Eine Studie, die eine sechswöchige Induktionstherapie mit Budesonid (2x tägl. 1mg p.o.) untersuchte, zeigte bei knapp 60% der behandelten Patienten eine komplette klinische und histologische Remission.8 Gute Ergebnisse erzielte auch die Langzeittherapie mit Budesonid. So ergab eine kürzlich publizierte Untersuchung, dass während der 48-wöchigen Beobachtungsdauer 95% der mit Placebo behandelten, aber nur 25% der mit Budesonid (2x tägl. 1mg oder 2x tägl. 0,5mg p.o.) behandelten Patienten ein Rezidiv erlitten.9 Nach dem Stopp der antiinflammatorischen Therapie ist das Risiko für einen histologischen und klinischen Rückfall hoch. Eine kontinuierliche antiinflammatorische Therapie kann dagegen eine Umkehr der subepithelialen Fibrose bewirken. Wichtig ist zudem eine gute Therapieadhärenz der Patienten: Diese kann das Risiko für eine Bolusimpaktierung reduzieren. Als häufige unerwünschte, aber gut behandelbare Folge der Therapie mit topischen Steroiden kann eine orale Candidose auftreten.

Verschiedene Studien haben eine Therapie mit Biologika bei EoE untersucht. Die Ergebnisse der untersuchten Antikörper gegen IL-5, IL-13, IgE und Tumor-Nekrose-Faktor-α waren jedoch ernüchternd. Vielversprechende Ergebnisse lieferten dagegen zwei kürzlich publizierte Untersuchungen mit dem neuen Anti-IL-13-Ak RPC4046 und dem Anti-IL-4/13-Ak Dupilumab, der zur Behandlung der atopischen Dermatitis und als Add-on-Therapie bei Asthma zugelassen ist.10,11

Geringer Nutzen von Allergietests

Die EoE wird durch Nahrungsmittelallergene ausgelöst. Die wichtigsten Trigger sind Milch- oder Weizenproteine, Eier, Soja, Nüsse etc. Aber auch Allergene in der Luft können zu der entzündlichen Veränderung beitragen. Zur Behandlung der EoE können unterschiedliche Diäten eingesetzt werden. Mit einer Remissionsrate von 91% ist der Effekt einer elementaren Diät, bei der die Patienten keine Nahrungsmittelproteine, sondern lediglich Aminosäuren zu sich nehmen dürfen, am größten. Im Vergleich dazu wird durch die „6-Food-Eliminationsdiät“, bei der die Patienten unabhängig von ihrem Sensibilisierungsmuster auf sechs kritische Nahrungsmittel verzichten müssen, eine Remissionsrate von 72% erzielt. Die niedrigste Remissionsrate wurde mit 45% durch eine gezielte Nahrungsmittelelimination, basierend auf Allergietests, erreicht. Daher ist die Untersuchung von Nahrungsmittel-spezifischen IgE-Werten und/oder Haut-Prick-Tests zur Identifikation der allergieauslösenden Substanzen wenig zielführend.

Die therapeutische Option bei Patienten mit Ösophagusstrikturen und Stenosen ist die Dilatation. Diese sollte mit einer antientzündlichen Therapie kombiniert werden.

Da die klinische Symptomatik der EoE und die histologische Krankheitsaktivität schlecht miteinander korrelieren, ist eine regelmäßige endoskopische Neubeurteilung nötig. Das gilt auch für Patienten in klinischer Remission.

Bericht: Regina Scharf, MPH

„Eosinophilic oesophagitis. An update“, Referat von Prof. Dr. med. Alain Schöpfer, IBD Summer School

1 Attwood SE et al.: Dig Dis and Sci 1993; 38: 109–16

2 Dellon ES, Hirano I: Gastroenterology 2018; 154: 319–32

3 Simon D et al.: Allergo J Int 2017; 26: 258–66

4 Shaheen NJ et al.: Dis Esophagus 2018; 31: doy015

5 Molina-Infante J et al.: Gut 2016; 65: 524–31

6 Lucendo AJ et al.: United European Gastroenterol J 2017; 5: 335–58

7 Lucendo AJ et al.: Clin Gastroenterol Hepatol 2016; 14: 13–22

8 Lucendo AJ et al.: Gastroenterology 2019; 157: 74–86

9 Straumann A et al.: Gastroenterology 2020; 159: 1672–85

10 Hirano I et al.: Gastroenterology 2019; 156: 592–603

11 Hirano I et al.: Gastroenterology 2020; 158: 111–22


Zitierhinweis: erschienen in dieser Ausgabe
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