
18. Januar 2023
Leitlinien-Update
Diabetische Nephropathie
Die Behandlung der diabetischen Nephropathie hat mit der Einführung neuer Substanzen große Fortschritte gemacht. Ein terminales Nierenversagen kann bei optimaler Therapie über lange Zeit hinausgezögert werden. Dr. med. Ludwig Merker, Diabetologe aus Haan, stellte in seinem Vortrag bei der DDG-Herbsttagung aktuelle Studiendaten und Neues aus der Leitlinie vor.
Einleitend verwies Merker auf die Praxisleitlinie der KDIGO („Kidney Disease: Improving Global Outcomes“) und erläuterte die Pyramide zur Behandlung von Diabetespatienten mit chronischer Niereninsuffizienz (CKD) (Abb. 1).1 Merker bemängelte, dass bei der aktuellen Fassung dieser Empfehlungen der Salzkonsum nicht mehr separat erwähnt wird. Er betonte, dass eine salzreduzierte Kost die Basis jeglicher Therapie von Patienten mit Diabetes und Niereninsuffizienz ist. Neu ist, dass mehr Wert auf körperliche Aktivität gelegt wird, von der auch diese Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion profitieren. Empfohlen werden 150 Minuten pro Woche.
Abb. 1: Aktuelle Empfehlungen der KDIGO für die Therapie von Diabetespatienten mit Niereninsuffizienz
Medikamentöse Therapie
Aktuelle Studie zu SGLT2-Hemmer
Wichtig sei, nicht nur Blutdruck und -glukosewerte zu kontrollieren, sondern auch die Lipide, betonte Merker. Nach wie vor ist das HbA1c auch bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ein wichtiger Marker. Doch bei einer Niereninsuffizienz ab Stadium G3b kann der Wert falsch niedrig sein.
Als Erstlinientherapie empfiehlt die KDIGO SGLT2-Hemmer, Metformin, die RAS-Blockade und Statine. Ähnlich aufgebaut ist auch der Therapiealgorithmus der Nationalen VersorgungsLeitlinie für Typ-2-Diabetes (Abb. 2).2 Merker zeigte neben den bereits bekannten Daten der DAPA-CKD-Studie (Dapagliflozin bei CKD) aktuelle Ergebnisse der EMPA-Kidney-Studie. In dieser randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie wurde Empagliflozin bei Patienten mit nachgewiesener CKD und Progressionsrisiko mit/ohne Diabetes sowie mit/ohne Albuminurie getestet. Endpunkte waren kardiovaskulärer Tod oder Fortschreiten der CKD, definiert als Nierenfunktionsverlust (anhaltende Reduktion der eGFR ≥40% im Vergleich zum Ausgangswert, anhaltend eGFR <10ml/min/1,73 m2) oder terminale Nierenkrankheit (Dialysebeginn, Tod renaler Ursache). Sekundäre Endpunkte waren erste Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, Hospitalisierung jedweder Ursache, Gesamtmortalität.
Für den zusammengesetzten primären Endpunkt ergab sich eine signifikante (p<0,001) Risikoreduktion von 28%, wobei es etwa ein Jahr dauerte, bis dieser Unterschied sichtbar wurde. Merker führte dies darauf zurück, dass die Studienpopulation vergleichsweise gesund war. Ein präspezifizierter tertiärer Endpunkt der Studie war die jährliche Rate der eGFR-Änderung, die unter Empagliflozin deutlich niedriger ausfiel als unter Placebo. Dies bedeute, dass ein terminales Nierenversagen um Monate oder Jahre hinausgezögert werden könnte, so Merker.
GLP-1-Rezeptoragonisten
Bei aller Begeisterung für die SGLT2-Hemmer sollte man die GLP-1-RA nicht vergessen, sagte der Diabetologe. Diese haben zum Beispiel in der LEADER- (Liraglutid) und der SUSTAIN-Studie (Semaglutid) ebenfalls einen nephroprotektiven Effekt mit einer 22%igen (Liraglutid) bzw. 36%igen (Semaglutid) Risikoreduktion für den kombinierten renalen Endpunkt gezeigt. Ähnlich gute Resultate erzielte auch der neueste Vertreter dieser Substanzklasse, das Tirzepatid in der SURPASS-4-Studie.
Nichtsteroidaler Mineralokortikoidrezeptoragonist
Der neue nichtsteroidale Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist (nsMRA) Finerenon schließlich hemmt die übermäßige Aktivierung des Mineralokortikoidrezeptors und dämpft auf diese Weise Entzündungen und Fibrosierungen. Aus noch zu erwartenden Studiendaten erhofft sich Merker weitere neuere Behandlungsansätze.
Bericht: Dr. Corina Ringsell
Quelle:
Symposium „Diabetes, Herz und Niere“, DDG-Herbsttagung 2022, Wiesbaden
Literatur
1 Rossing P et al.: Executive summary of the KDIGO 2022 Clinical Practice Guideline for Diabetes Management in Chronic Kidney Disease: an update based on rapidly emerging new evidence. Kidney Int 2022; 102(5): 990–9
2 Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Typ-2-Diabetes – Teilpublikation der Langfassung, 2. Auflage. Version 1. 2021 [cited: 2022-12-12].
Zitierhinweis: erschienen in dieser Ausgabe
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