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1. Juni 2022

Reisen im Alter

Ein besonderes Vergnügen!?

Eine grundlegende Herausforderung des Reisens im Alter ist eine raschere Ermüdbarkeit. Daher sollten für die Reise genügend Pausen und für die Akklimatisierung am Reiseziel entsprechend mehr Zeit eingeplant werden. Nur bei einer Minorität (3%) betagter Reisender kommt es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes; in zwei Dritteln der Fälle hat die Reise keinerlei Einfluss auf den Gesundheitszustand, bei einem Viertel tritt gar eine Besserung ein.1

Die größten Risiken für ältere Reisende

Kardiovaskuläre Ereignisse sind die häufigsten potenziell letalen Vorkommnisse auf Reisen im Alter.1,2 Jedoch ist auch das Risiko eines Traumas durch Gangunsicherheiten (Sturzgefahr) und Orientierungsschwierigkeiten (z.B. im Straßenverkehr) im Alter über 60 Jahre erhöht.

Generell sollte kurz nach einem Myokardinfarkt oder einem zerebrovaskulären Ereignis (CVI) sowie bei einer schweren Herzinsuffizienz, schwerer chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) mit Sauerstofftherapie und nach thoraxchirurgischen Eingriffen (inkl. Pneumothorax) für etwa sechs Monate auf eine (Flug-)Reise verzichtet werden.

Als Faustregel für die Praxis gilt, dass Flugfähigkeit (und damit Fernreisefähigkeit) vorliegt, sofern der Patient ohne Beschwerden zehn Treppenstufen steigen oder 50 Meter geradeaus gehen kann. Eine Niereninsuffizienz stellt in der Regel kein Problem dar. Bei einer schweren Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance <30ml/min) ist jedoch eine Malariaprophylaxe mit Malarone® (Atovaquon/Proguanil) kontraindiziert. Interaktionen zwischen einer Malariaprophylaxe/-notfallmedikation und der bestehenden Therapie müssen überprüft werden. Die Tabelle gibt zudem eine Übersicht über die Indikationen einer Thromboseprophylaxe bei Langstreckenflügen.

Vorsicht bei immunsupprimierten Patienten

Eine spezielle Herausforderung in der Reiseberatung sind immunsupprimierte Personen. Immunsupprimierende Therapien sind zunehmend in den unterschiedlichsten Indikationen in Gebrauch. Sie ermöglichen den Betroffenen aufgrund einer Verbesserung der Lebensqualität auch das Reisen. Je nach Immunsuppression sollte für die Reiseberatung und die Indikation von Reiseimpfungen mit einem spezialisierten Zentrum Kontakt aufgenommen werden. Dies sollte wenn möglich bereits vor dem Beginn einer Immunsuppression – besonders bei Einnahme eines Anti-CD27- oder eines TNF-alpha-Blockers – erfolgen, um allenfalls notwendige Impfungen für zukünftige Reisepläne vorher vornehmen zu können. Generell gilt, dass ältere Reisende entsprechend den Impfempfehlungen geimpft werden können und sollen.

Ausreichend Medikamente und die notwendige Dokumentation mitnehmen

Vor der Reise sollten bestehende Therapien nicht verändert oder angepasst werden. Dem Patienten ist zu empfehlen, genügend Medikamente mitzuführen (die Hälfte davon im Handgepäck). Zudem sollte dem Patienten eine medizinische Dokumentation (Diagnosen, Therapien/Medikamente) in Englisch (oder der Landessprache der Zieldestination) mitgegeben werden.

Autoren
Dr. med. Matthias Hoffmann
Leitender Arzt Infektiologie/Spitalhygiene
Medizinische Klinik
Kantonsspital Olten

Dr. med. Roland Weibel
Facharzt für Tropen- und Reisemedizin
Olten

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.

1 Gautret P et al.: Travel-associated illness in older adults (>60 y). J Travel Med 2012; 19:169–77

2 Reed CM: Travel recommendations for older adults. Clin Geriatr Med 2007; 23: 687–713, ix

3 von Wattenwyl et al.: Reisezeit ist Flugzeit: Thromboserisiko, Jetlag und Herzoperationen. Swiss Med Forum 2015; 15: 860–6


Zitierhinweis: erschienen in dieser Ausgabe
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