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17. Oktober 2023

Abrechnung der Diagnostik und Therapie bei Herzinsuffizienz

Auch an Telemonitoring denken, um Spätfolgen zu verhindern

Die Herzinsuffizienz ist die gemeinsame Endstrecke vieler Herzerkrankungen. Langjähriger unerkannter und unbehandelter Bluthochdruck und/oder atherosklerotische Veränderungen der herzversorgenden Gefäße (KHK) stellen die häufigsten Ursachen einer Herzinsuffizienz dar. Frühes Erkennen, engmaschige Verlaufskontrollen und rechtzeitig eingeleitete therapeutische Maßnahmen können die Erkrankung deutlich „entschärfen“.

In Deutschland leiden schätzungsweise 2,5 Mio. Menschen unter einer Herzinsuffizienz (HI) – Tendenz steigend. Aus der HI resultieren typische Symptome wie Luftnot bei Belastung oder auch stark geschwollene Beine. Ein Fortschreiten ist mit einem schubartigen Verlauf mit wiederkehrenden Dekompensationen, Krankenhausbehandlungen und hohen Folgekosten für das Gesundheitswesen verbunden. In der allgemeinärztlichen Praxis kann bereits durch einfache klinische Untersuchungsverfahren die Verdachtsdiagnose einer Herzinsuffizienz erhärtet werden. Ergänzt werden kann die Diagnostik durch geeignete Laborparameter wie z.B. NT-Pro-BNP, eine Ultraschalluntersuchung, elektrographische Ableitungen und in Einzelfällen eine Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) oder Herzkatheteruntersuchung.

Die HI lässt sich grob unterteilen in eine kompensierte Form, die nur unter Belastung Beschwerden verursacht, und eine dekompensierte Form, die sich bereits bei körperlicher Ruhe bemerkbar macht. Die Einteilung des klinischen Schweregrads ist mithilfe der vier NYHA-Stadien möglich.

Beispiele für Therapie und Abrechnung

Wegen der hohen Versorgungsrelevanz wurde das Kapitel zur medikamentösen Therapie der Herzinsuffizienz vorab als Version 4 der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) veröffentlicht. Die neuen Empfehlungen zur Therapie der Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Ejektionsfraktion (HFrEF) tragen den Entwicklungen neuer Arzneimittel der vergangenen Jahre Rechnung.

Die Herzinsuffizienz gilt als Paradebeispiel für eine Erkrankung, bei der sich mit einer mehrstufigen und vernetzten medizinischen Betreuung die besten Erfolge erzielen lassen. Eine solche Betreuungsmöglichkeit stellen das bereits seit 2022 etablierte Telemonitoring bei Herzinsuffizienz und/oder digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), wie z.B. die neu in das BfArM-Verzeichnis aufgenommene DiGA „ProHerz“, dar.

  • Beim Telemonitoring handelt es sich um ein datengestütztes, zeitnahes Management, das grundsätzlich in Zusammenarbeit zwischen einem sog. primär behandelnden Arzt (PBA), z.B. einem Hausarzt/einer Hausärztin, und einem ärztlichen telemedizinischen Zentrum (TMZ) durchgeführt wird. Teilnehmen sollen Patienten mit einer Herzinsuffizienz nach dem NYHA-II- oder NYHA-III-Stadium mit einer Ejektionsfraktion < 40%, die entweder Träger eines implantierten kardialen Aggregates (ICD, CRT-P, CRT-D) sind oder im zurückliegenden Jahr wegen kardialer Dekompensation stationär behandelt wurden. Im letztgenannten Fall kommen zur Überwachung externe Messgeräte, die mindestens das Körpergewicht, die elektrische Herzaktion, den Blutdruck und Informationen zum allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten erfassen, zum Einsatz.

  • Bei der DiGA „ProHerz“ werden vom Patienten gemessene Vitalwerte (Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Puls, Temperatur, Gewicht) in mobilen Endgeräten (Smartphone, Tablet) erfasst und automatisiert analysiert. In beiden Fällen haben Hausarzt/Hausärztin die Möglichkeit, im Austausch mit dem Patienten bzw. dem TMZ Verschlechterungen im Verlauf rechtzeitig zu erkennen und – ggf. unter Einschaltung eines Facharztes/einer Fachärztin – Dekompensationen zu vermeiden.

Ein Fallbeispiel

Ein 73-jähriger Patient ist seit vielen Jahren in der Praxis wegen einer Hypertonie und eines Diabetes mellitus Typ 2 in Behandlung. Nach einem Myokardinfarkt vor 5 Jahren besteht eine HI im Stadium NYHA II. Nach kardialer Dekompensation kommt er aus dem KH zurück. Das Krankenhaus empfiehlt im vorläufigen Arztbrief die Anbindung an ein TMZ zur engmaschigen Verlaufskontrolle, um weitere Dekompensationen zu vermeiden. Das Vorgehen wird mit dem Patienten besprochen.

Das Abrechnungsbeispiel für den ersten Kontakt im Quartal ist in Tabelle 1 dargestellt. Die GOP 03325 kann hier auch zum Ansatz gebracht werden, wenn nach Indikationsstellung noch kein TMZ zur Verfügung steht. Ist eine solche Anbindung möglich, kommt die GOP 03326 (Zusatzpauschale für die Betreuung eines Patienten im Rahmen des Telemonitorings bei HI) für den Austausch mit dem TMZ zum Ansatz. Nach GOÄ ist der von der Bundesärztekammer empfohlene analoge Ansatz der Nr. A 60 möglich. Die Nr. A 33 GOÄ stellt ebenfalls eine Empfehlung der BÄK dar und kann als Analogleistung ggf. mit der Nr. 3 GOÄ kombiniert werden.

Da im vorliegenden Fall kurzfristig kein Kontakt mit einem TMZ organisiert werden kann, erhält der Patient eine Verordnung für die DiGA „ProHerz“ mit der Maßgabe, sich mit den dort aufgezeichneten Daten regelmäßig in der Praxis vorzustellen. Die Abrechnung des 2. Kontakts im Quartal zeigt Tabelle 2.

Autor
Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Facharzt für Allgemeinmedizin, Hofheim am Taunus


Zitierhinweis: erschienen in dieser Ausgabe
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