© LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com

18. Januar 2023

Leider an der Tagesordnung

Gewalt gegen MFA

Auf dem 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin in Greifswald stellte die Düsseldorfer Wissenschaftlerin Viola Mambrey bedrückende Ergebnisse einer Studie zur Gewalt gegen medizinische Fachangestellte (MFA) am Arbeitsplatz vor. Vor allem verbale Bedrohungen und Belästigungen finden häufig statt. Darüber hinaus wirkt sich Gewalt am Arbeitsplatz auf die mentale sowie die physische Gesundheit der Opfer aus.

Die Referentin Viola Mambrey arbeitet am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Universitätsklinikums Düsseldorf. „Die physische oder psychische Gewalt gegen medizinisches Personal ist weltweit verbreitet und wird durch Belästigungen, Drohungen oder Angriffe am Arbeitsplatz definiert. Dabei werden Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden der Betroffenen gefährdet“, unterstrich die Erstautorin der o.g. Studie.

In früheren Studien gaben 80% der Pflegekräfte in Krankenhäusern und Altenheimen sowie 73% der Hausärztinnen an, innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten Gewalt am Arbeitsplatz erlebt zu haben. Zu den Tätern gehörten Patientinnen und Patienten ebenso wie deren Angehörige sowie Kollegen und Vorgesetzte. Bislang gibt es nach Darstellung der Referentin keine Prävalenzen für die Gewalt am Arbeitsplatz gegen medizinische Fachangestellte, obwohl sie die größte Berufsgruppe in der ambulanten Versorgung sind. „Überhaupt gibt es einen Mangel an Studien zur Gewalt am medizinischen Arbeitsplatz im ambulanten Setting.“

Insgesamt 537MFAs nahmen an der Online-Befragung im Rahmen der Studie teil. 424 davon konnten in die Analyse eingeschlossen werden, so Mambrey. 59,4% der Teilnehmenden gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten Opfer verbaler Gewalt geworden zu sein. 5,9% berichteten über physische Gewalt und 3,8% über sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz. Verbale Gewalt findet laut den Studienergebnissen wöchentlich bis einmal im Quartal statt. Physische Gewalt wurde in gut 90% der Fälle einmal im Quartal bis einmal im Jahr erfahren. Sexuelle Gewalt findet monatlich bis einmal im Quartal statt und betrifft dann rund 87% der Befragten. Wenn es um die verbale Gewalt ging, waren die Täterinnen und Täter im Zusammenhang mit Gewalt am Arbeitsplatz oft Patientinnen und Patienten. „Es ist aber hervorzuheben, dass auch Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzte beim Einsatz verbaler Gewalt eine Rolle spielten.“

Gesundheit der Opfer negativ beeinflusst

Erfahrungen von Gewalt schlagen auch auf die Gesundheit der Opfer durch. Die Assoziationsanalyse ergab nach sexueller Gewalt eine Verdoppelung der Ängstlichkeit. Depressive Symptome wurden 1,8-mal so häufig festgestellt; verbale Gewalt steigerte auch die Quote schlechter Gesundheit um das 1,4-Fache. Insgesamt legt die Studie auf bedrückende Weise nahe, wie notwendig eine Gewaltprävention auch im Gesundheitswesen ist. Die Erstautorin sprach sich für weitere Studien aus, um geeignete Ansatzpunkte für Präventivmaßnahmen zu finden.

Bericht: Franz Günter Runkel


Zitierhinweis: erschienen in dieser Ausgabe
Neueste Artikel
Was macht eigentlich ein Betriebsarzt?

Blackbox Arbeitsmedizin

Vielen Kolleginnen und Kollegen dürfte die Arbeitsmedizin zum ersten Mal im Studium begegnet sein. Entweder im Rahmen der Vorlesungen im Gebiet Arbeitsmedizin oder auch vor Aufnahme von ...

Niedergelassen auf dem Land – die Erfahrungen einer Hausärztin

Ein Resümee nach zwei Jahren

Cathrin Adderson-Kühner ist niedergelassene Allgemeinärztin im bayerischen Landkreis Miltenberg am Main. Im Januar 2021 hatte sie den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und ihre ...

Betreuung von Migranten in der Praxis

Geduld, Zeit und Verständnis

Die Lebenserfahrung und damit die Kultur bestimmt, wie Patienten über Krankheiten sprechen und was sie von einem Arzt erwarten. Wenn sich Kulturen unterscheiden, können in der Arztpraxis ...