
15. März 2022
Deutsches Netzwerk der Kompetenzzentren Weiterbildung
Vernetzung essentiell für Qualitätssicherung
Seit 2017 bestehen in Deutschland bundesweit Einrichtungen zur Steigerung der Qualität und Effizienz in der allgemeinmedizinischen Weiterbildung, die sogenannten Kompetenzzentren Weiterbildung (KW), die nach §75a SGB V gefördert werden. Seit 2019 haben sich alle KW im Deutschen Netzwerk der Kompetenzzentren Weiterbildung (DNKW) zusammengeschlossen.
Besonderheiten der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin
Anders als in anderen Fächern sind Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung (ÄiW) zum Facharzt für Allgemeinmedizin häufig ohne weitere ÄiW in einer Weiterbildungspraxis beschäftigt, was einen fachlichen und persönlichen/emotionalen Austausch untereinander erschwert.
Auch der interkollegiale Austausch unter weiterbildungsbefugten Ärztinnen und Ärzten (WBB) ist, abgesehen vom Austausch innerhalb des Praxisteams oder in praxisübergreifenden Qualitätszirkeln, im Praxisalltag häufig anders als in anderen Disziplinen. Zudem sind für allgemeinmedizinische ÄiW viele Themen, wie zum Beispiel Informationen zur Praxisorganisation, Mitarbeiterführung, Selbstständigkeit u. v. m., wichtig, die für ÄiW anderer Disziplinen gar nicht oder erst später relevant werden.
Um diese und weitere Besonderheiten der allgemeinmedizinischen Weiterbildung zu adressieren und die Weiterbildung qualitätsgesicherter, attraktiver und effizienter zu gestalten, wurden die Kompetenzzentren mit den Kernaufgaben weiterbildungsbegleitender Seminar-, Train-the-Trainer (TtT)- und Mentoring-Programme 2017 bundesweit etabliert.
Die Kernaufgaben der Kompetenzzentren
Das konkrete Seminarangebot der KW orientiert sich am 2015 erschienenen (Update 2021) Kompetenzbasierten Curriculum Allgemeinmedizin der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Darin werden die praxisrelevanten Kerninhalte der allgemeinmedizinischen Weiterbildung transparent für jeden AiW und WBB dargestellt und es wird daraus ersichtlich, welche Fähig- und Fertigkeiten (praktisch und kognitiv) in der Allgemeinmedizin erreicht werden sollten.
Die Qualifizierung der Seminardozenten und auch der WBB und Mentoren wird in den TtT-Angeboten der KW abgebildet. Die Vernetzung der WBB untereinander ist dabei, neben der inhaltlichen und didaktischen Qualifizierung, ein explizit erwünschter Effekt, der die oben beschriebene Besonderheit der Weiterbildungssituation in hausärztlichen Praxen adressiert.
Das Mentoring (Gruppen-, Einzel- und/oder Peer-Mentoring) rundet das Angebot der KW ab.
Hier besteht für die ÄiW die Möglichkeit, Themen zu besprechen, die abseits des Curriculums ebenso wichtig sein können. Zu nennen sind dabei der interkollegiale Austausch zu pragmatischen Fragen der Praxisführung und Niederlassung.
Was leistet das Netzwerk?
Beim DEGAM-Kongress 2019 wurde das DNKW als Austauschplattform und Interessenvertretung der KW gegründet. Es vertritt dabei auch die Interessen der KW gegenüber der für die Förderung zuständigen Lenkungsgruppe, bestehend aus Vertretern des GKV-SV, der PKV, der KBV, der DKG und der BÄK, und ist Ansprechpartner für die Gemeinsame Einrichtung der Kompetenzzentren (GE).
Das DNKW ist unter dem Dach der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM, www.desam.de ) angesiedelt. Die DESAM hat bereits seit vielen Jahren einen Schwerpunkt in der Nachwuchsförderung. Da nicht alle KW federführend von Universitätseinrichtungen geleitet werden und auch nicht alle KW nach SGB V gefördert werden (es gibt zwei bzw. eine Ausnahme/n), bot sich die Zugehörigkeit zu einer neutralen Stiftung an. Von Beginn an war eine enge Abstimmung und auch personelle Verzahnung mit der DEGAM-Sektion Weiterbildung beabsichtigt und wurde auch erfolgreich umgesetzt.
Die genannten Kernaufgaben der KW werden innerhalb des DNKW im engen Austausch diskutiert und gemeinsam, auch in Abstimmung mit der Sektion Weiterbildung, weiterentwickelt. Durch die „Corona“-Pandemie waren die KW gefordert, ihre Angebote quasi über Nacht in Online-Formate zu überführen. Sowohl die rasche Bahnung der formalen Berechtigung, Angebote online abbilden zu dürfen, als auch die arbeitsintensive Aufgabe der inhaltlichen und didaktischen Anpassung der Lehrformate auf Online-Angebote wurden durch das DNKW vorangetrieben. U.a. wurden ein Positionspapier zu Online-Angeboten und auch deren teilweise Etablierung über ein noch ausstehendes Pandemieende hinaus verabschiedet. Insbesondere die sehr gute Zusammenarbeit mit der GE, die derzeit beim DLR-Projektträger angesiedelt ist, ist hier – sowie auch in anderen Belangen – zu nennen und zu unterstreichen.
Ferner wurden die internen Evaluationen der KW-Angebote erhoben und in einem Delphi-Verfahren zu einem gemeinsamen Item-Satz kondensiert, der nun bundesweit vergleichbare Evaluationen ermöglicht. Für die externe Evaluation wurden ebenfalls wichtige Items gesammelt und dem IGES Institut (externer Evaluator) zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse der bereits durchgeführten Evaluationen durch die GE zeigen eine gute bis sehr gute Annahme und Beurteilung der KW-Angebote durch die ÄiW und die WBB.
Zur Frage der Entwicklung und Etablierung einer bundesweit einheitlichen IT-Lösung war das DNKW ebenfalls aktiv. Trotz Vorlage einer entsprechenden Bedarfs- und Lösungsliste und der Teilnahme an diversen Sitzungen einer dafür eingesetzten AG der Lenkungsgruppe konnte leider kein Entscheid zur Ausschreibung einer solchen Lösung durch die Kostenträger erreicht werden. Aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeit und der zwangsläufig erfolgten, pragmatischen Entwicklung KW-eigener Lösungen ist eine gemeinsame IT-Lösung leider derzeit nicht realistisch bzw. sinnvoll.
Die DNKW-Plenumstreffen, bei denen sich alle KW austauschen und aktuelle Themen besprechen, finden regulär mindestens zweimal jährlich statt – pandemiebedingt zuletzt ausschließlich virtuell. 2021 standen die Vorbereitungen der zweiten Förderphase der KW-Arbeit sowie die Identifizierung von Themen, die für die Antragstellung und den Betrieb ab 2023 relevant sind, im Vordergrund. Diese Treffen fanden stets unter Einbeziehung der GE statt.
Literaturtipp
zum Thema
Kompetenzbasiertes Curriculum Allgemeinmedizin: „Eine Erfolgsgeschichte“
Autor
Dr. med. Ralf Jendyk
Facharzt für Allgemeinmedizin
Master of Medical Education (MME Unibe)
Komm. Leiter des Centrums für Allgemeinmedizin
Medizinische Fakultät
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Zitierhinweis: erschienen in dieser Ausgabe
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